Fusionsrealismus und Transzendenz: Im Gespräch mit Baldur Galoor

Fusionsrealismus und Transzendenz: Im Gespräch mit Baldur Galoor

Warum haben Sie sich für eine künstlerische Laufbahn entschieden?

Ich hatte schon als Kind künstlerisches Talent und ein gutes Gespür für die feinstofflichen Dinge dieser Welt. Ich konnte die Dinge, die ich wahrnahm, auch zeichnerisch auf Papier bringen und andere Menschen daran teilhaben lassen. Diese Fähigkeit ist mir immer erhalten geblieben. Als ich 2020 nach einer Krisenzeit wieder anfing künstlerisch tätig zu werden, und das erste Mal überhaupt richtig malte, zeigte sich schnell, dass ich Menschen aus allen Kulturkreisen mit meiner Kunst begeistern kann. Die Leute waren wie gebannt – und ich merkte, wie meine Vision in mir Gestalt annahm. Ab diesem Moment war mir klar: Ich kann Menschen auf der ganzen Welt bewegen und etwas Positives schaffen, das berührt, begeistert und inspiriert. Von da an wusste ich, dass ich eine Laufbahn als Künstler anstrebe und international Großes bewirken möchte.

Was inspiriert Sie jeden Tag zu Ihrer Arbeit?

Die Faszination des Neuen, Ungesehenen und Innovativen ist für mich ein großer Antrieb. Was kann ich auf der Leinwand Überraschendes und Großartiges entwickeln, das die Menschheit begeistert und so noch nie gesehen wurde?

"Das Leben ist Chaos. Und doch existiert eine göttliche Ordnung, die uns Sinnhaftigkeit und Bedeutung verleiht."

(Foto: Alexandra Specker)

Welche Themen behandeln Sie in Ihrer Kunst und warum ist Ihnen das so wichtig?

Ich möchte nicht nur die Malerei revolutionieren, sondern auch unser Denken. Ich öffne in meiner Philosophie „Nova Creatura“ und mit meinem eigenen Malstil, dem Fusionsrealismus basierend auf acht Kernprinzipien, Räume für die großen Fragen des Lebens. Dabei beziehe ich mich auf die Religion aber auch auf die Philosophie und Psychologie, um eine ganzheitliche Betrachtungsweise der menschlichen Existenz einzunehmen. Beispielsweise beschäftigt meine Kunst sich mit der Psychologie von C.G. Jung und übergreifenden Themen aus Christentum, Judentum und Islam. Philosophische Thesen, wie die Frage, ob wir als Menschen durch eine höhere Macht gedacht werden (These von Franz Baader) oder, dass vor dem „Ich“ das „Du“ kommen muss (Das Dialogische Prinzip des Religionsphilosophen Martin Buber), sind Teil meiner Arbeit. Was mich auszeichnet: Ich versuche nicht nur diese Themen zu ergründen und durch überwältigende Kunst mit meiner eigenen Technik, dem Fusionsrealismus, erlebbar zu machen, sondern ich zeige auch eine unglaubliche Fülle und Reichhaltigkeit unseres Lebens und einen Weg zum Element der unvergänglichen Hoffnung, das uns alle durch unser Leben trägt. Meine Werke sind auch ein Spiegel für den Betrachter und lassen ihn nicht nur seine eigenen Schattenseiten sowie seine lichtvolle Geisteswelt erkennen und erkunden. Sie zeigen ihm auch, dass er eine tiefe Würde in sich trägt. Sobald er das erkennt, sieht er es auch in anderen Menschen. Egal welche Nationalität oder welcher Kulturhintergrund ein Anderer hat, wir tragen alle einen göttlichen Funken in uns. Ich bin humanistisch erzogen worden und daher spielt die Würde jedes Einzelnen in meinen Werken eine große Rolle. Das sind übrigens auch Wertewelten, die in unserer Verfassung festgehalten sind. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Im Kriminalbereich gilt: Egal, welches Verbrechen jemand begangen hat, er hat das Recht auf eine würdevolle Behandlung. In meinen Bildern ist daher immer auch eine erhabene Ästhetik zu finden, die uns diese innere Größe zeigt. Ebenso sind meine Werke durchzogen von einer Vielzahl an Schichten und angereichert mit vielen Elementen. Diese Opulenz aus dem Barock zeigt die Hülle und Fülle, die uns umgibt und man kann durchaus einen Bezug zum bekannten „Carpe diem“ ziehen. Gleichzeitig geht es mir nicht um die Angst vor dem Tod – sondern auch um die Auseinandersetzung mit dem Gedanken eines ewigen Lebens nach dem Tod hinaus und es findet ein Bruch mit dem Vanitas-Motiv der Vergänglichkeit statt.

"Kill the clones" (170 x 250 cm)

Welcher Aspekt des kreativen Prozesses gefällt Ihnen am besten?

Mein kreativer Prozess ist unglaublich vielschichtig. Wenn ich eine Idee habe, zum Beispiel durch einen Traum, fange ich an klein zu skizzieren. Dann geht es schnell an die Leinwand. Dort findet dann ein „Ringen“ mit der leeren Leinwand statt. Schicht um Schicht arbeite ich mich von den hinteren in die vorderen Ebenen des Bildes vor. Jede Schicht wird geplant und dann mit spontanen malerischen Elementen kombiniert. Oft kommt dann der Zeitpunkt, wo ich nicht weiterkomme. Dann fotografiere ich das Bild und überlege mir dann, wie ich kompositorisch weitermache – und gehe verschiedene Varianten durch, bis ich die spannendste gefunden habe. Also der frustriendste Teil ist definitiv der, wo ich nicht weiterkomme. Den schönsten Aspekt finde ich, wenn ich einen Punkt am Bild erreiche, der mich spüren lässt: Das wird einfach großartig, das wird neu, das wird umwerfend.  

(Foto: Alexandra Specker)

Wie würden Sie Ihre Technik beschreiben?

Ich habe einen ganz neuen Malstil entwickelt: Den Fusionsrealismus. Er ist in acht Kernprinzipien aufgebaut und macht meine Kunst zum einzigartigen Erlebnis. Ich werde hier näher darauf eingehen. Die symbolische Tiefe jedes Gemäldes entfaltet eine Geschichte und verbirgt eine Botschaft in allegorischen Charakteren und Symbolen, die die mystischen Aspekte des Lebens erforschen und die Neugier wecken. Hier knüpfe ich an die Traditionen des Manierismus, Barock und Frühklassizismus an, indem ich die Erzählkunst von Künstlern wie Sandro Boticelli und Tizian neu interpretiere.
In meinen Werken wird ein Gefühl der Ehrfurcht und Überraschung durch dynamische Kontraste, dramatische Lichtführung und üppige Details erzeugt, die in einer Einheit barocker Pracht verschmelzen. Durch meinen unbewussten Supranaturalismus, ja unbewusst, erkunde ich eine neue Ebene menschlicher Existenz, indem ich Übernatürliches und Unbewusstes in meinen Werken miteinander verwebe und so einen Raum für transzendente Erfahrungen öffne. Göttliche Motive durchziehen meine Kunst und repräsentieren die sakralen und religiösen Themen der Renaissance und Romantik, die unsere göttliche Natur und die unsterbliche Hoffnung verkörpern. Der kraftvolle Ausdruck meiner Werke, inspiriert von Postimpressionismus und Expressionismus, manifestiert sich in lebendigen Farben und dynamischen Pinselstrichen, die die Energie des Lebens und die Freiheit der Kreativität einfangen. Durch das Einsetzen von statischen geometrischen Formen schaffe ich ein grafisches Gleichgewicht, das die Sinnstiftung und Ordnung einer höheren Macht in unserem chaotischen Leben verkörpert. Zeitlose Universalität prägt meine Gemälde: Das Fehlen spezifischer Zeit- und Raumbezüge ermöglicht eine universelle Interpretation über alle Zeiten hinweg. Meine Werke bieten ganz wörtlich eine vielschichtige Emotionalität, die den Betrachter in eine Welt der Symbole und Gefühle entführt und eine tiefe Verbindung zu existenziellen Menschheitsthemen schafft.

"In meinem künstlerischen Prozess liegt die Suche nach einem neuen Verständnis für die menschliche Existenz und ihrer Beziehung zur kosmischen Ordnung."

(Foto: Alexandra Specker)

Beginnen Sie Ihre Arbeit mit einem vorgefassten Konzept oder einer Vorstellung davon, was Sie erreichen möchten, oder ist das Ergebnis unerwartet?

Ich beginne mit einer Idee, die ich ergründe und dann in einer kleinen Motiv-Skizze festhalte. Dann geht es direkt an die Leinwand und alles Weitere entsteht dort. Am Ende schimmert diese Ur-Idee immer durch und bleibt erhalten. Aber es entwickeln sich ganz ungeahnte Elemente, Visualitäten und Motive in dem Prozess. Es ist also eine Mischung aus minutiöser Planung und kreativer Spontaneität, die meine Werke so besonders machen.

"Reborn" (250 x 170 cm)

Wie wissen oder entscheiden Sie, wann ein Kunstwerk fertig ist?


Das habe ich tatsächlich im Gefühl. Ich weiß exakt, wann ein Werk fertig und der letzte Pinselstrich auf der Leinwand getan ist. Ich kann nicht sagen, warum ich weiß, wann dieser Punkt erreicht ist, aber ich merke es ganz genau. Ich höre oft von Betrachtern meiner Kunst, dass sie an solchen Formaten und Motiven verzweifeln würden, da sie nie wüssten, wann das Bild jetzt wirklich fertig ist (lacht).

Welche anderen kreativen Menschen, Bücher, Musik oder Filme inspirieren Sie?


Ich bin jemand, der sehr schnell inspiriert ist. Das kann beim Spaziergang in der Natur sein, wo mir eine besondere Blattform eines Baumes ins Auge springt oder auch beim Schauen eines Films, der mich thematisch oder visuell anspricht. Ein paar Größen die mich inspirieren sind der revolutionäre Filmemacher Alejandro Jodorowsky, der Künstler Jonas Burgert und der Flamenco-Gitarrist Paco de Lucia. Konkrete Werke, die mich faszinieren, sind beispielsweise der Science-Fantasy Film „Stalker“ von Andrei Tarkovsky, das Silmarillion von J. R. R. Tolkien oder die Bibel. Ich werde aber auch von bekannten Kollegen inspiriert, wie den renommierten Künstler Tobias Kammerer, der durch seine unglaubliche progressive Kirchenmalerei, Glaskunst und skulpturale Meisterwerke das emotionale Erlebnis in Sakralbauten aus ganz Europa auf ein völlig neues Level hebt. Musikalisch lasse ich mich gerne von einer Vielzahl an Genres in eine bestimmte Stimmung entführen, die sehr anregend ist. Das kann Radiohead sein, elektronische Musik, die innovative Kammermusik von Agnes Obel oder Metalmusik von Gojira. Die vielen Schichten meiner Malerei spiegeln sich in meiner Vielzahl an Interessen wider. Oder umgekehrt (lacht).

"Was verbindet Religionen, Kulturen, Nationen und Menschen? Etwas, das größer ist als wir selbst."

(Foto: Alexandra Specker)

Haben Sie bestimmte Rituale oder unverzichtbare Gegenstände im Atelier?


Ohne meinen Blaumann fließt es nicht so. Den muss ich schon anhaben, um richtig in Fahrt zu kommen und meine Identität als Arbeitstier im Atelier anzunehmen. An manchen Tagen ist es aber tatsächlich so, dass ich nicht malen kann. Da bin ich wie blockiert. Das kann man dann auch nicht erzwingen und muss einfach an einem anderen Tag weitermachen. Alles kommt zu seiner Zeit, sage ich immer wieder.

Arbeiten Sie mit Beispielen aus dem wirklichen Leben oder basieren Ihre Werke hauptsächlich auf Fantasie?


Ich arbeite sehr stark aus meiner Fantasie, aber kombiniere diese manchmal mit realen Motiven. Diese nehmen aber keinen Bezug zu etwas Tatsächlichem, sondern sind Archetypen und Stellvertreter für eine universelle Wahrheit, die weder zeit- noch raumbeschränkt ist. Beispielsweise werden Sie in meinen Werken auch keine echten Personen entdecken und oft ist das Geschlecht auch nicht erkennbar, da ich ewige, innere Realitäten portraitiere, die über diese Dinge erhaben sind.

"The leader" (220 x 200 cm)

Wie kommen Sie auf die Titel Ihrer Kunstwerke?


Die Titel meiner Kunstwerke sind durch Ihren Inhalt bestimmt und haben sehr viel Gewicht. Die Kernidee jedes Gemäldes spiegelt sich im Titel wider. Da bin ich ganz bei Max Ernst, bei dem durch die Titel seiner Werke oft überhaupt erst eine Deutung möglich wurde. Man denke nur an das Werk „Der Hausengel“, das 1937 ironisch die Vorahnung auf den kommenden Geist der Unterdrückung, des Krieges und der Zerstörung zeigte. Ohne den Titel verliert das Werk an Bedeutung, da es hier um eine ganz klare Message geht. Genauso ist das auch bei meinen Werken, sie haben eine klare Botschaft in einem atemberaubenden Kleid.

Würden Sie uns mehr über Ihr derzeitiges Projekt erzählen - woran arbeiten Sie?


Ich setze aktuell meine Serien „Creatura“ und „Essentia hominis“ fort und entwickle hier neue, aufregende Motive. In der Serie „Creatura“ geht es um die Portraitierung von Wesen, die Ikonen für Aspekte unserer Existenz und die Verbindung zum Unbewussten und Übernatürlichen sind. Dabei nehme ich Bezug auf historische Ereignisse, fundamentale Fragen und eine Neuinterpretation von bekannten Motiven, wie die Darstellung des römischen Gottes Janus. In der „Essentia hominis“-Serie  
befasse ich mich mit grundlegenden Fragen des Glaubens, der Menschheit und meiner persönlichen Verbundenheit damit. Jedes Kunstwerk widmet sich einer tiefgreifenden Erkundung unseres Seins und hat bisher immer mindestens vier Monate intensiver Arbeit erfordert. Ein Beispiel aus dieser Serie ist das Bild "The Leader", welches das Thema des Festhaltens an Dingen oder Menschen, von denen wir uns eigentlich trennen sollten, thematisiert. "Reborn" behandelt eindrucksvoll die Auferstehung in den Weltreligionen, symbolisiert durch das Kommen von Neuem nach dem Gehen des Alten. "Kill the clones" zeigt tiefe Angst und Chaos, aber auch die Hoffnung, die sich in der Mitte des Bildes formt. Das Gemälde "Falling towards the light" zeigt eine Figur, die kopfüber in einen Turmschacht stürzt, umgeben von bedrohlichen Schlangen und Wespen. Ein Sinnbild für Krisensituationen in unserem Leben, bei denen wir die Kontrolle verlieren, wie bei Krankheit, Jobverlust oder schmerzhaften Trennungen. Gleichzeitig symbolisieren umherfliegende Kirschblüten und ein strahlend blauer Himmel die persönliche Hoffnung.

Wo möchten Sie gerne einmal ausstellen und warum?


Ich würde gerne mal im Guggenheim Museum in New York ausstellen. Ich finde das Gebäude und die Kraft des Namens einfach so unglaublich.

Wo sehen Sie Ihre Künstlerkarriere in 5 Jahren?



Da sehe ich mich ganz klar auf der internationalen Bühne und hoffe, dass ich Menschen weltweit mit meiner Kunst begeistern und zusammenführen kann.

Besuchen Sie jetzt die Website von Baldur Galoor:

www.baldurgaloor.com

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