Geheimnisse eines Kunstsammlers: Diese Kriterien entscheiden, welche Kunstwerke in der Sammlung von Manuel Koch landen
Manuel Koch, Finanzexperte und Gastgeber exklusiver Events wie dem Berliner „Salon Schinkelplatz“, öffnet regelmäßig seine Türen und macht seine eindrucksvolle Privatsammlung zeitgenössischer Kunst zugänglich. Im exklusiven Interview spricht er offen über seinen persönlichen Weg zur Kunst, verrät seine wichtigsten Kriterien bei der Auswahl neuer Werke und erklärt, warum ihm Leidenschaft und Innovationskraft wichtiger sind als finanzielle Rendite. Er berichtet, wie er junge Talente entdeckt, gezielt fördert und begleitet – von der Kunsthochschule bis hin zu internationalen Galerien und Ausstellungen. Manuel Koch gibt wertvolle Tipps, wie angehende Sammler typische Fehler vermeiden, sich am Kunstmarkt orientieren und ihre Leidenschaft nachhaltig ausbauen können.
Vom Bauchgefühl zum Profi-Sammler: Wie Manuel Koch zur Kunst fand
Athena Art Magazine: Herr Koch, wir freuen uns sehr, Sie heute bei uns begrüßen zu dürfen. Sie sind Kunstsammler und öffnen regelmäßig Ihre Türen, um Ihre Sammlung der Öffentlichkeit zu zeigen. Wie hat Ihre Leidenschaft fürs Sammeln von Kunst begonnen? Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes „richtiges“ Kunstwerk?
Manuel Koch: Ich habe mich schon immer für Kunst interessiert, allerdings zunächst eher auf einem typischen „Museumsgänger-Level“. Das heißt, ich war ein paar Mal im Jahr in Ausstellungen, Galerien oder Museen. Richtig intensiv wurde meine Begeisterung jedoch erst durch eine Beziehung: Mein damaliger Freund war Kunststudent, und über ihn bekam ich plötzlich einen viel tieferen Einblick in die Entstehungsprozesse von Kunst. Ich konnte sehen, wie Materialien verwendet werden und welche Gedanken dahinterstecken. Das hat mich fasziniert und meine Leidenschaft entfacht – auch nachdem die Beziehung selbst vorbei war. Und ich glaube, so ist das manchmal, dass man durch Menschen eine Tür geöffnet bekommt und so ein komplett neues Kapitel entsteht.

Athena Art Magazine: Wie kam es dann konkret zu Ihrem ersten Kauf?
Manuel Koch: Über meinen Ex-Freund bin ich in Kontakt mit einem Künstler namens Christopher Lehmpfuhl gekommen. Er studierte bei Klaus Fußmann und malte mit dicken Ölschichten direkt vor Ort. Mein erstes „echtes“ Kunstwerk war schließlich ein Aquarell von Lehmpfuhl. Von da an habe ich mich immer mehr in das Thema vertieft, weitere Bücher gelesen, Ausstellungen besucht und gemerkt, dass mein Bauchgefühl bei Kunst sehr entscheidend ist. In den ersten Sekunden weiß ich eigentlich schon, ob mich ein Werk anspricht oder nicht.

Athena Art Magazine: Wie hat sich Ihr Kunstverständnis von damals zu heute verändert?
Manuel Koch: Am Anfang war es wirklich ein reiner Bauchentscheid. Inzwischen habe ich mich intensiver mit Kunstgeschichte und verschiedenen Strömungen befasst. Heute ist mir nicht nur wichtig, dass mich das Werk auf den ersten Blick berührt, sondern auch, wie tiefgründig das Konzept ist, ob hinter der Arbeit eine spannende inhaltliche Geschichte steckt und ob sie sich von anderen Künstlern abhebt. Dieses Zusammenspiel aus Bauchgefühl und fundiertem Hintergrundwissen prägt meinen Blick heute stärker als damals.
Athena Art Magazine: Wie viele Werke umfasst Ihre Sammlung aktuell ungefähr?
Manuel Koch: Meine Sammlung zählt aktuell etwa 100 Werke – davon rund 90 Gemälde (Öl, Acryl und Drucke) und etwa 10 Skulpturen.
Athena Art Magazine: Gibt es in Ihrer Sammlung ein Kunstwerk oder einen Künstler, zu dem Sie eine besonders persönliche Verbindung haben oder dessen Geschichte Ihnen besonders am Herzen liegt?
Manuel Koch: Ein Künstler, dessen Werke mir besonders nahe gehen, ist Κiriakos Tompolidis, ein deutsch-griechischer Künstler, den ich vor etwa drei Jahren an der UdK in Berlin entdeckt habe. Schon damals kaufte ich direkt im Atelier eines seiner Bilder. Danach folgte ein weiteres Werk von ihm aus Los Angeles und kürzlich habe ich mir bei einer Ausstellung in der renommierten Galerie Judin – einer der wichtigsten Galerien Deutschlands – mein mittlerweile drittes Werk von ihm gesichert. Tompolidis verfolge ich nun schon über mehrere Jahre, und seine beeindruckende Entwicklung erfüllt mich wirklich mit großer Freude. Das er in diesem Jahr sogar auf der Taipei Biennale in einem eigenen Pavillon ausstellen darf, ist ein enormer Schritt für einen noch so jungen Künstler. Solche Geschichten machen das Sammeln für mich besonders spannend und bereichernd. Seine Werke berühren mich einfach auf eine Art und Weise, die schwer in Worte zu fassen ist – es ist dieser ganz besondere „Magic Moment“, der mich begeistert und immer wieder überzeugt.
Woran erkennt ein Sammler Qualität? – Manuel Kochs Kriterien für neue Kunstwerke
Athena Art Magazine: Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, ob ein Werk in Ihre Sammlung passt?
Manuel Koch: Zunächst muss die Bildsprache einzigartig sein. Wenn ich sofort denke: „Das erinnert mich zu stark an einen anderen Künstler”, dann verliere ich das Interesse. Kunst darf natürlich von früheren Epochen oder Vorbildern inspiriert sein, muss aber etwas Neues schaffen. Zweitens achte ich auf die Biografie eines Künstlers: Wo hat er oder sie studiert, welche Ausstellungen gab es bereits, in welchen Galerien ist man vertreten? Das ist nicht alles entscheidend, aber für mich ein wichtiger Qualitätsindikator. Drittens spielt natürlich auch das Preisgefüge eine Rolle. Ich kaufe oft Arbeiten von jungen Kunststudenten, die noch erschwinglich sind, weil ich daran glaube, diese Karrieren früh zu fördern. Gleichzeitig habe ich aber auch etablierte Namen in meiner Sammlung. In der Regel liegt mein Jahresbudget zwischen 50.000 und 100.000 Euro für Kunst. Da muss alles stimmig sein, vor allem bei höheren Preisklassen.
Athena Art Magazine: Welche Rolle spielen dabei die Bekanntheit oder die Karrierechancen eines Künstlers?
Manuel Koch: Wenn ich zum Beispiel nur ein einzigartiges Werk für mich persönlich kaufe, ist mir die aktuelle Bekanntheit weniger wichtig. Ich freue mich einfach jeden Tag darüber, wenn es an meiner Wand hängt. Wenn ich aber 10.000 Euro oder mehr investiere, möchte ich sicher sein, dass auch die künstlerische Laufbahn Substanz hat. Gerade bei jüngeren Talenten schaue ich mir an, wie sie sich entwickeln, ob sie Professoren oder Galerien hinter sich haben, die sie fördern. Ich sehe es etwas wie ein „Start-up-Investment“: Man unterstützt sie, ohne Garantie auf späteren Wertzuwachs. Aber wenn diese Künstler sich dann in großen Galerien etablieren, ist das ein wunderbarer Nebeneffekt.
Athena Art Magazine: Sie sagten, Ihnen sind auch die Geschichten und Konzepte hinter dem Kunstwerk wichtig. Wie genau fließt das in Ihre Kaufentscheidung ein?
Manuel Koch: Sehr stark. Es kann zum Beispiel interessant sein, wie das Werk entstanden ist oder ob der Künstler sich mit bestimmten Themen auseinandersetzt. Ich finde es spannend, wenn jemand traditionelle Techniken oder Vorbilder nimmt, aber einen zeitgenössischen Twist einbringt. Es geht nicht darum, meine eigene Biografie darin gespiegelt zu sehen, sondern vielmehr um den Innovationsgrad. Ich möchte Neues entdecken, etwas, das über reines Dekoratives hinausgeht.
Athena Art Magazine: Achten Sie auch auf die digitale Präsenz von Künstlern, etwa in den sozialen Medien?
Manuel Koch: Definitiv. Ich schaue viel auf Instagram, weil ich dort mitverfolge, wie jemand im Atelier arbeitet, welche Techniken er oder sie ausprobiert und wie ernsthaft dieser Weg verfolgt wird. Auf einer statischen Website sehe ich eher den offiziellen Lebenslauf, aber in Social Media bekomme ich eine Vorstellung vom künstlerischen Alltag. Gerade bei jungen Talenten ist es für mich wichtig zu sehen, dass sie „brennen“ für das, was sie tun.
So gelingt der Einstieg – Wertvolle Strategien und Tipps für angehende Kunstsammler
Athena Art Magazine: Welche Ratschläge würden Sie Menschen geben, die zum ersten Mal Kunst kaufen möchten?
Manuel Koch: Wenn es um ein oder zwei Werke geht, rein aus Freude am Besitz, dann rate ich, sich auf das eigene Bauchgefühl zu verlassen. Ein Kunstwerk begleitet einen vielleicht ein ganzes Leben – man sollte es lieben und nicht nur auf den möglichen Wertzuwachs schielen. Geht es allerdings darum, eine ernsthafte Sammlung aufzubauen, braucht es mehr Hintergrundwissen. Man sollte Ausstellungen besuchen, Künstler persönlich treffen, Bücher lesen, die Kunstgeschichte verstehen. All das ist nicht in zwei Wochen erledigt, sondern ein längerer Prozess. Außerdem ist es gut, Preise zu vergleichen. Manche Sammler nutzen den sogenannten „Künstlerfaktor“, also Höhe, mal Breite des Werks, mal Faktor. Das hilft, den Preis für verschiedene Künstler besser einschätzen zu können.
Athena Art Magazine: Welche Fehler sollten Neueinsteiger beim Sammeln vermeiden?
Manuel Koch: Meiner Erfahrung nach sollte man niemals überstürzt und nur unter dem Einfluss eines tollen Galeriebesuchs oder eines Glas Champagners kaufen. Ich reserviere mir Werke lieber und schlafe eine Nacht darüber. Außerdem rate ich dazu, ein Netzwerk aufzubauen. Egal ob man andere Sammler, Künstler oder Galeristen anspricht – dieser Austausch ist Gold wert. So erfährt man von spannenden Newcomern und kann sich in Ruhe eine Meinung bilden.
Athena Art Magazine: Sammeln Sie eher gezielt bestimmte Stile oder Künstler, oder setzen Sie auf Vielfalt?
Manuel Koch: Meine Sammlung konzentriert sich auf zeitgenössische Kunst, meist figurative Arbeiten. Ich habe auch Skulpturen und einige Drucke, aber der Großteil sind Unikate in Öl oder Acryl. Auch queer-feminine Positionen und diverse Stimmen finden sich vermehrt in meiner Sammlung. Trotzdem ist mein Credo: Das Werk muss mich überzeugen, egal, ob es abstrakt oder figurativ ist. Ich habe mittlerweile rund 100 Werke. Viele davon sind von jungen Künstlerinnen und Künstlern, die ich schon unterstützt habe, als sie noch an der Uni waren – und die heute in renommierten Galerien sind.
Athena Art Magazine: Sie erwähnten, dass Ihre Sammlung überwiegend figurative Kunst umfasst. Planen Sie auch zukünftig diesen Schwerpunkt beizubehalten, oder möchten Sie Ihre Sammlung stilistisch noch weiter diversifizieren? Gibt es zudem bestimmte Künstler, von denen Sie unbedingt weitere Werke erwerben möchten?
Manuel Koch: Alle Künstler, insbesondere die jüngeren Talente, von denen ich bereits Werke in meiner Sammlung habe, beobachte ich weiterhin sehr genau. Wenn mich ihre Entwicklung begeistert und neue spannende Werke entstehen, bleibe ich grundsätzlich interessiert und offen für weitere Käufe. Natürlich kann es vorkommen, dass sich Künstler preislich so stark entwickeln, dass man irgendwann abwägen muss, ob ein weiteres Werk finanziell noch Sinn ergibt. Trotzdem freue ich mich über jeden Karriereerfolg, auch wenn ich nicht jeden Preis mitgehe. Letztendlich entscheidet für mich immer das einzelne Werk – egal, ob figurativ oder abstrakt. Ich lasse mich hier nicht festlegen, sondern bleibe flexibel und offen für Neues.
Athena Art Magazine: Gibt es denn Künstler in Ihrer Sammlung, deren Entwicklung Sie besonders überrascht hat – positiv wie negativ?
Manuel Koch: Es gibt durchaus Kunstwerke, bei denen mir von Anfang an klar war, dass sie finanziell gesehen vielleicht irgendwann nur noch die Hälfte wert sein könnten oder im schlimmsten Fall nahezu unverkäuflich wären. Das macht mir aber nichts aus, weil ich diese Werke emotional sehr schätze und deshalb nie ausschließlich aus Renditegesichtspunkten kaufe. Schlechte Überraschungen habe ich insofern nicht erlebt, da es mir grundsätzlich darum geht, Werke zu besitzen, die mich persönlich begeistern. Positiv überrascht wurde ich dagegen oft: Einige junge Künstler meiner Sammlung haben sich durch gute Galerievertretungen sowohl künstlerisch als auch wirtschaftlich hervorragend entwickelt. Solche erfreulichen Entwicklungen bestätigen mich darin, genau hinzuschauen und frühzeitig an Talente zu glauben.

Athena Art Magazine: Würden Sie sagen, dass das Sammeln von Kunst mit der Zeit „süchtig“ macht?
Manuel Koch: Es kann auf jeden Fall sehr intensiv werden, weil man ständig neue Entdeckungen macht. Gerade wenn man sich etwas auskennt, beginnt das Sammlerherz häufiger zu klopfen, sobald man ein besonderes Werk oder Talent sieht. Ich plane meine Ausgaben im Jahr zwar ungefähr durch, aber lasse immer „Spontanbudget“ übrig für Entdeckungen, zum Beispiel bei Universitäts-Rundgängen. Dort schaue ich gezielt nach neuen Positionen, mit denen ich mich über Monate hinweg beschäftige, bevor ich etwas kaufe.
Athena Art Magazine: Vielen Dank für dieses inspirierende Gespräch! Zum Abschluss möchten wir Ihnen noch eine persönliche Frage stellen: Was ist für Sie der größte Mehrwert daran, so viel Zeit und Geld in Kunst zu investieren?
Manuel Koch: Vor allem die Freude, täglich von Werken umgeben zu sein, die mich inspirieren. Dazu kommt das gute Gefühl, junge Talente auf ihrem Weg zu unterstützen. Außerdem entsteht ein spannendes Netzwerk: Durch das Sammeln und Präsentieren meiner Kunstsammlung begegne ich immer wieder faszinierenden Menschen, mit denen sich wunderbare Gespräche ergeben. Der finanzielle Wertzuwachs ist dabei eher ein netter Nebeneffekt. Klar, Kunst bleibt ein Luxusgut – deshalb sollte man nur investieren, was einem wirklich Freude macht, und nie über seine Grenzen hinausgehen.